WIRTSCHAFTSPÄDAGOGIK UND DIGITALE KOMPETENZ

1.  Wirtschaftspädagogik und digitale Kompetenz

Lernen ist ein aktiver Prozess, bei dem, unter Anderem, die persönliche Erfahrung der Studenten eine Schlüsselrolle spielt. Einer der Grundsätze der konstruktivistischen Pädagogik, nämlich dass die Voraussetzung für die Verinnerlichung neuen Wissens die Bereitschaft der Studenten ist, dieses Wissen als nützlich anzuerkennen, kommt besonders beim Unterrichten von Naturwissenschaften zum Tragen. Daher müssen starke Verbindungen zwischen Klassenzimmer – Wissenschaft und der realen Welt hergestellt werden.

Die Mehrheit der Pädagogik Forscher stimmt darin überein, dass digitale Kompetenz, welche natürlich digitale Lese- und Schreibkompetenz beinhaltet, eine ziemlich komplexe und starke Verbindung und Verknüpfung mit anderen Schlüsselkompetenzen hat. Darüberhinaus hängt sie sehr stark vom sozio – kulturellen Hintergrund ab, und kann mittels eines einzelnen Tests nur schwer gemessen/ beurteilt werden.

In einer Studie aus dem jahr 2008 definieren Calvani et.al. digitale Kompetenz als eine Kombination dreier Faktoren/ Dimensionen/ Teilkompetenzen (Calvani et al., 2008)[1]:

·                    Die technologische Kompetenz, in der die Problemlösungsfähigkeit und die Fähigkeit sich einer ständig sich verändernden technologischen Umwelt anzupassen, betont wird.

·                    Die kognitive Kompetenz mit dem Hauptaugenmerk auf dem „Lesen”, Selektieren, Interpretieren, Evaluieren und  Präsentieren von Informationen.

·                    Die moralische Kompetenz betrifft die Beziehung und Kommunikation mit Anderen, unter verantwortungsvollem Einsatz von Technologien.

 

Diese drei Teilkompetenzen tragen gemeinsam zum Erlangen und Teilen von Wissen  bei.



 


Dimensionen digitaler Kompetenz (Calvani et al, 2008)

Abhängig vom Gegenstand können verschiedene Dimensionen digitaler Kompetenz während dem Lehren/ Lernen stärker betont sein. Die unterschiedlichen Aktivitäten bei denen ICT Werkzeuge zum Einsatz kommen, und die als studentenbezogene Methoden klassifiert sind, können in die folgenden Kategorien eingeteilt werden:

·                    Technologische Aufgaben: die Verwaltung und der bewusste Einsatz der Elemente der Informationstechnologie (derzeit hauptsächlich im Bereich der Computerwissenschaft, aber auch beim Unterrichten von Naturwissenschaften, wenn man die Verwendung von Kalkulationstabellen - zb: Titrationsresultate, Bewegungsstudien - und Präsentationstools oder anderer Software unterrichtet).

·                    Simulationsaufgaben: die Verwaltung und Interpretation von Daten und Informationen; das Entwickeln von Realsituationen in problemorientiertem Unterricht im Klassenzimmer.

·                    Forschungsaufgaben: Das Sammeln, Organisieren und kritische Sortieren von Informationen, wovon eine Anwendung projektorientiertes Lehren/ Lernen sein kann.

·                    Entwickeln von Inhalten: Das Entwickeln von Inhalten in Kooperation mit Anderen; den technologischen Hintergrund dafür bietet eine auf Zusammenarbeit basierende online – software (zb. Google Documents/Drive) und wiki – ähnliche Systeme (zb Wetpaint, MediaWiki, Wikispace etc...).

 

ICT Werkzeuge helfen, die Wissenschaftskompetenz zu verbessern, während sowohl Lehrer als auch Schüler/ Studenten zugleich ihre digitale Kompetenz verbessern. Ein paar Anwendungsgebiete:

 

·        Modellieren: Prozesse und Eigenschaften während welcher sich die räumlichen und zeitlichen Grenzen bestimmter Phänomene verändern können dazu verwendet werden, um die großen Abstände, die aufgrund von Größenunterschieden bestehen, zu überbrücken (zb. Atome, Moleküle, biochemische Prozesse, Kristallstrukturen).

·        Laborausstattung, Experimente, das Hantieren mit Chemikalien in einem virtuellen Umfeld auf ungefährliche, saubere, und umweltfreundliche Art. Das Planen von Experimenten, das Testen von experimentellen Aufbauten.

·        Darstellung, Demonstration und Analyse unzugänglicher Phänomene, wodurch man die Mikrowelt mittels Simulationen kennenlernt.

·        Im Gegensatz zu traditionellen Medien sind Computergrafiken zur Datenwiedergabe und –analyse schnell und aussagekräftig.

·        Digitale Unterrichtsmedien ermutigen zur Interaktivität, um die Mitarbeit der Schüler/ Studenten beim Erweitern ihres Wissens und beim Entwickeln ihrer Fähigkeiten und Fertigkeiten zu erhöhen. Dies wird durch schnelle Antworten auf Fragen, und die Option auf sofortiges feedback (Versuch und Irrtum) unterstützt.

·        Die große Bandbreite an Präsentationstools ermöglicht es Lehrern und Schülern/ Studenten, ihr Wissen leichter und passender zu präsentieren.

·        Computerunterstützte Experimente überbrücken die Kluft zwischen wirklichem Leben und virtueller Realität, und ermöglichen direkten und qualitativ hochwertigen Wissenserwerb. Die Überlappung von Lernort und Schulort wird dabei immer geringer.

 

Das Internet bringt Schüler/ StudentIn und LehrerIn im gleichen sozialen Netzwerk zusammen, was dem Lehr/ Lernprozess eine ganz neue Dimension verleiht. Bei diesem  konnektivistischen (http://hu.wikipedia.org/wiki/H%C3%A1l%C3%B3zatalap%C3%BA_tanul%C3%A1s) Ansatz ist die Beziehung zwischen Schüler/ StudentIn, LehrerIn und Information genauso wichtig wie die physikalischen und chemischen Bindungen einer Verbindung.

Zusätzlich zu den Möglichkeiten die ICT bietet, müssen wir auch ihre Grenzen , sowie jene Situationen ansprechen, in denen die IT nicht dabei hilft die lehrplanmäßigen Anforderungen von Naturwissenschaften zu vermitteln.

·                    Ein weiteres häufig auftretendes Problem ist, dass virtuelle Lösungen dazu verwendet werden um reale Experimente zu ersetzen, auch wenn das spezielle Phänomen demonstriert werden kann, und sowohl Laborausstattung und Zugang zu Instrumenten ein reales Experiment erlauben würden.

·                    Computergrafiken und Animationen werden in machen Fällen eher nach ästhetischen als nach wissenschaftlichen Kriterien gestaltet. Das führt dazu, dass die Grafiken, obwohl sie einen hohen visuellen Wert haben, falsche Informationen liefern.

·                    Im großen Informationsdschungel des www haben wir alle Zugang zu nicht verifizierten Daten/ Informationen (zb. die Ernährung betreffend), wissenschaftlich unbelegten Konzepten (zb. Homöopathie, Phi Wasser) und pseudowissenschaftlichen und irreführende Informationen.

·                    Das Kopieren von Inhalten und die Verwendung dieser ohne Nachfragen und Verstehen (wir auch als copy /paste Wissen bezeichnet) ist zur ganz normalen Vorgehensweise bei der Vorberitung von Aufgaben geworden (zb. Tests, Präsentationen, Schüler/ StudentInnenaktivitäten). Das erfordert Veränderungen und updates der Systeme, die zum Testen und Beurteilen von Wissen herangezogen werden.



[1]Calvani, Antonio; Cartelli, Antonio; Fini, Antonio; Ranieri, Maria (2008): Models and Instruments for Assessing Digital Competence at School, Journal of e-Learning and Knowledge Society - Vol. 4, n. 3, September 2008 (pp. 183 - 193)